Zum 61. Geburtstag am 7. Januar 2009
Gedanken und Träume - MEIN Bild von Renft



Zum 61. Geburtstag am 7. Januar 2009

Elsterwerda &Leipzig, 07.01.2010

Lieber CÄSAR,

heute ist es genau ein langes Jahr her, dass wir, Deine Freunde und Weggefährten, im Leipziger „Anker“ Deinen 60. Geburtstag zwar nicht gefeiert, aber doch würdevoll und in Deinem Sinne begangen haben.
Wir standen vor dieser Bühne und haben Dir quasi in die Augen gesehen, Deiner Musik gelauscht und Deine Worte gehört, während wir uns manchmal an den Händen hielten und so manche Träne kullerte. Bei denen da oben auf der Bühne und bei uns da unten.

Siehst’e mein Alter, und heute nun ist es schon die 61. Wiederkehr des Tages, an dem wir gern mit Dir gefeiert hätten. Vielleicht würdest Du heute gern ein Konzert geben, mit Freunden und Weggefährten gemeinsam für uns musizieren, denn es ist Donnerstag und viele von uns würden sich, extra für Dich, am morgigen Freitag einen freien Tag zusätzlich gönnen. Was würde das für eine lange Nacht werden können, wie voll wäre der alte „Anker“ in der heutigen Nacht, wie viele Deiner Weggefährten hätten einen guten Grund, sich heute zu treffen.

Es fehlt uns ein wenig der Antrieb und auch der Anlass, den Zündschlüssel zu drehen und die Piste in Richtung „Anker“ anzusteuern.
Keiner von uns würde ein Navi brauchen, denn jeder weiß, wo in Leipzig die RENFTstraße zu finden ist und wo man das Auto parken kann, auch wenn man früh am Morgen eine Beule in der ollen Karosse entdecken muss. Aber was ist diese Blechbeule schon gegen den Verlust der Chance, Dir an jedem 7. Januar ein Geburtstagsständchen singen zu können und gemeinsam ein paar ausgelassene Konzertstunden zu erleben.

Heute denkt jeder sicher auf seine Weise an Dich, irgendwo zu Hause mit einer CD im Player oder dem alten Vinyl von Dir auf dem Plattenspieler. Vielleicht mit einem Gläschen in der Hand. Bei mir wird schwerer Rotwein drin sein, so wie sich meine Stimmung heute auch anfühlt, etwas schwermütig nämlich. Ich werde vom Wein einen Schluck nehmen, die Süße schmecken und dabei den Klang Deiner Gitarren hören, den Blues fühlen, das Lied mitsingen und die dreckig-rotzigen Soli aufsaugen. Dann wirst du da sein, mein CÄSAR.

Was würden wir dafür geben, Dein schelmisches Lächeln zu erleben, während DU zum Mikro gehst und die ersten Akkorde würden erklingen von „Geht es dir gut?“. –

Nein CÄSAR, es geht mir heute nicht gut, aber mir ist warm um mein Herz, wenn ich an Dich denke und an die Zeit, die wir hier hatten und wenn ich den Weg zurück schaue, den wir ein Stück gemeinsam gehen durften.

Sei sicher, die Gedanken sind bei Dir,
HH


 



Auszug aus dem Newsletter 01/2010 von cäsar music, Feuerbachstraße 14, 04105 Leipzig, Tel. 0341. 21 18 425, Mail: office (at) caesar-music.de:


Gedanken und Träume - MEIN Bild von Renft

n meiner Erinnerung gibt es so ein paar Fetzen, die erst gemeinsam ein Bild ergeben, einem Puzzle gleich. Es ist das Bild einer Leidenschaft, über viele Jahre gewachsen, über die Jahrzehnte umfangreich geworden, bis ins Heute nach Vollkommenheit suchend und doch auch nur Teil eines noch umfassenderen Ganzen. Doch das wusste ich damals alles noch nicht.

Im Jahre 1969 kam aus England der Film „PRIVILEGE“ auch nach Elsterwerda ins Kino. Ziemlich schnell verbreitete sich die Nachricht, dass in der Hauptrolle der Sänger von MANFRED MANN zu erleben sein würde. Ich wollte den Sänger von „Pretty Flamingo“, „My Name Is Jack“ und „Ha, Ha Said The Clown“ unbedingt auf der Leinwand sehen, seine Stimme hören.

Die Geschichte des Films wäre schnell erzählt. An dieser Stelle jedoch möchte ich nur an den bleibenden Eindruck jener beeindruckenden Sequenz erinnern, als Steve Shorter alias Paul Jones im Käfig eingesperrt und an den Händen gefesselt von der Bühne herunter sein „Set Me Free“ in die davor kreischende Fanmasse singt. Ich weiß noch, dass wir alle wie die Mäuschen saßen und überall die Taschentücher gezogen wurden. Es ging einfach nur unter die Haut und nistete sich dort ein. Jemand nahm sogar seinen Kassettenrecorder mit in das Kino, um diesen Song „Free Me“ auch zu Hause hören zu können. Die Schallplatte gab es ja nur im Westen.




Links: Cover zum Soundtrack "Privileg",
Mitte: Rückseite, rechts: Inletfoto

Zur gleichen Zeit erzählte mir ein Freund, dass im Gesellschaftshaus „Hoppenz“ in Elsterwerda wieder die KLAUS RENFT COMBO zum Tanz spielen würde und der neue Sänger würde auch dieses Lied aus dem Film „PRIVILEGE“ singen.

Wir gingen also tanzen, was nichts anderes bedeutete, als entweder einen Tisch direkt vor der Bühne zu besetzen oder oben auf der Galerie sitzend, direkt auf die Bühne zu sehen. Mit einem Bier (oder doch zwei ?) konnte ich so den ganzen Abend verbringen, ohne dass ich einen Blick auf die weiblichen Anwesenden geworfen hätte.


Cäsar Peter Gläser damals ...

Die Erinnerungen an jenen Abend sind noch verdammt nah. Ich sehe den wuchtigen „FETZ“ hinter dem Schlagzeug sitzen und ich sehe MATKO, wie er die Gitarrenakkorde in seiner ganz unnachahmlichen Art bei „Born To Be Wild“ aus den Saiten prügelt. Am linken Bühnenrand steht die Orgel und auf der anderen Seite der Mann mit dem Bass zwischen den Beinen, KLAUS RENFT. Und dann beginnt dieser unheimlich klingende Chorus von Orgel und tiefen Männerstimmen, das Intro zu „Free Me“.

Da oben steht einer, nicht älter und nicht größer als ich. Der trägt die Haare wie ich und hat einen weißen Pulli an. So steht er da oben, zwei Meter vor mir und singt, steigert sich in diesen Song hinein bis zu dem Moment, da er auf die Knie sinkt, um „Just Set Me Free“ in den Saal zu schreien und zu stöhnen, so wie Steve Shorter im Film. In diesen Sekunden, da ich inmitten von schweißgebadeten Tanzwütigen die Tränen nicht halten konnte, muss sich mein Leben auf eine andere Ebene begeben haben. So wie dieser Sänger Hans-Jürgen Beyer an der Bühnenkante, der den Paul Jones gab, wollte ich sein!

Nach meiner Armeezeit 1970 ging ich sofort wieder zur KLAUS RENFT COMBO, doch ich fand sie völlig verändert vor. Hatten Hans-Jürgen Beyer und Jürgen Matkowitz noch modische Bühnenkleidung im 60er Jahre Charme getragen, so standen dort oben plötzlich Typen mit schulterlangen Haaren, Jeans und einem Bier in der Band – das revoluzzernde Original war geboren. Wie böse Buben standen sie bei Hoppenz auf der Bühne, wie die Brüder von Che Guevara mit Botschaften von John Lennon und so sangen sie eben auch „Power To The People“. Laut und wuchtig. Das meinten sie so und mir wurde klar, dass es mir auch so ging. „Alle Macht dem Volke“, das konnte nur gut sein und auch deshalb wurden sie zu Idolen in dieser DDR und wir zu ihren Fans.

Neu war auch, dass diese KLAUS RENFT COMBO stolz ihre eigenen Lieder mit deutschen Texten präsentierte. Und wieder stand dort vorn in der Bühnenmitte so ein Typ, kaum älter als ich und mit einer Nickelbrille auf der Nase. CÄSAR sang ein Lied, das mir nie wieder aus dem Sinn gehen sollte, auch weil es eine Botschaft wie „Set Me Free“ enthielt – „Wer die Rose ehrt“. Beide Songs konnte ich nacheinander hören, ohne an West- oder Ostmusik denken zu müssen. Es war ungeahnt und ungewollt die gleiche Blaupause. Dieser CÄSAR von RENFT faszinierte mich, berührte meine Seele und zu Hause vor den Boxen sang ich mit ihm gemeinsam im Duett. Ich wäre gern wie CÄSAR gewesen.

Nach diesem Samstagabend-Tanz bin ich trunken nach Hause, voll mit Emotionen und lauter wirren Ideen, wie ich denn die Welt verbessern und ändern könnte. Nur gut, ich wohnte gleich um die Ecke und meine kleine Weltrevolution dauerte nur die paar Minuten bis zum Einschlafen. Die Ideen aber von einer besseren und menschlichen Welt habe ich bis heute behalten, auch wegen „Free Me“ und wegen dieser KLAUS RENFT COMBO.

Links: Ein Poster, rechts: Cäsar Peter Gläser (li) & Reinhard "Oschek" Huth

Immer wenn die KLAUS RENFT COMBO in Elsterwerda zum Tanz spielte, bin ich dort gewesen. Meinem Vater, von dem ich wohl meine Leidenschaft für Musik geerbt haben muss, habe ich viel davon erzählt und was vorgeschwärmt. Bis zu jenem einmaligen Wochenende Anfang der 70er. Die Band spielte samstags zum Tanz und Sonntag Vormittag zum Konzert. Mein alter Herr meinte, er müsse das jetzt auch mal erleben und so kam es, dass bei einem Konzert der KLAUS RENFT COMBO an einem Sonntag Vormittag neben mir mein Freund Hans-Georg und mein Vater saßen. Ich sehe die Blicke der anderen noch heute. Ein Schuldirektor mit seinem Sohn bei der KLAUS RENFT COMBO!

Auf der Bühne stand noch alles so da wie vom Abend davor. Ein einziges Wirrwarr! Dann kam Monster auf die Bühne mit einem Bier in der Hand und ging zum Mikro. Es war so gegen 10 Uhr, vormittags! Doch statt brav und anständig „Guten Morgen“ zu sagen, hörten wir den bärtigen Renft-Sänger rülpsen und danach laut singen: „Es ist Sonntag früh am Morgen“, das „Lied von der alten Woche“ nach einem Song der Baker Curvitz Army.

So begann das Konzert von sechs unangepassten Typen und mit all den Liedern, die damals gesungen wurden: „Gänselieschen“, „Flüsse und Tränen“, „Zwischen Liebe und Zorn“, „Power To The People“, “Ketten werden knapper“, Baggerführer Willi“, „Apfeltraum“, „Cäsar’s Blues“ und „Wer die Rose ehrt“. Die Band war in Hochform und das Publikum in Hochstimmung. Als dann ziemlich zum Schluß der „Renft-Chor“ auch noch a capella den „Banana Boat Song“ anstimmte, war mein Vater und Belafonte-Fan nicht mehr zu halten…..Hans-Georg kann sich auch noch daran erinnern und der „alte Herr“ hatte einen Stein mehr bei mir im Brett. Das sind Momente, die man festhalten möchte und heute versuche ich für meinen Sohn ein wenig so zu sein, wie mein Vater damals für mich.

Als dann zu jener Zeit die KLAUS RENFT COMBO auch ihren ersten Fernsehauftritt hatte, es könnte bei „Basar“ gewesen sein, hatte mein Vater seinen teuren Fotoapparat auf dem Stativ vor dem Fernseher postiert und diese Momente für MEINE Ewigkeit festgehalten. Dafür bin ich ihm noch heute dankbar.

Mit dem Erben und Inhaber vom Gesellschaftshaus „Hoppenz“ habe ich bis heute losen Kontakt. Erst im vergangenen Jahr bekam ich Fotos zu sehen, die ein Fotograf damals im Gesellschaftshaus machen durfte. Einige wenige habe ich jetzt auch und eines findet man auf der Homepage eines bekannten Sängers.

Die Musik zum Film „PRIVILEGE“ befindet sich inzwischen in meiner Plattensammlung gleichwertig neben den Scheiben der KLAUS RENFT COMBO und von MANFRED MANN.

Rückblickend muss ich sagen, dass ich mich in den Jahren zwischen 1966/67 bis Mitte der 70er wirklich ausgelebt habe. Fast alles, was damals Rang und Namen hatte, habe ich beim Tanz und Konzert erleben dürfen, von der Theo Schumann Combo bis eben zur Klaus Renft Combo, von Niemen bis zum Collegium Musicum. Ich hab’ mir von all den Combos und Gruppen die Autogrammkarten signieren lassen und manches Poster aus Schaukästen geklaut. Auch das vom Film mit Paul Jones und das von den sechs Typen aus Leipzig. Diese Jahre haben mich geprägt und vieles davon hat sich eingebrannt, ist noch immer abrufbar und Teil von mir selbst.

Nach langen Jahren des persönlichen Suchens und Findens im neuen Land und Leben trieb mich der Schock von JENNI’s Tod zum Gedenkkonzert für KLAUS RENFT. Ich war beim Konzert am ersten Tag der RENFT-Straße anwesend und ich habe CÄSAR & die Spieler, auch als Big Band, erleben dürfen. Noch einmal rockte BEYER am Bühnenrand, sang die UFHOLZ „Mercedes Benz“. Noch einmal erklangen die Stimmen von CÄSAR und OSCHEK gemeinsam im Leipziger „Anker“. Beim 60. Geburtstag von CÄSAR, in der Stunde des Schmerzes und der Tränen, war ich einer von vielen. Auch RENFT mit nur noch MONSTER als Frontmann habe ich nach all diesen Torturen wieder live erlebt, in Leipzig, in Torgau, Medingen und Dresden. Viele dieser Stunden taten weh, weil die Erinnerungen noch immer übermächtig, weil einmalig sind.

Der Film „Privilege“ ist Geschichte, die Klaus Renft Combo, so wie ich sie erleben durfte, ist es auch. Als PJOTR ging, fehlte der leise einfühlsame Charakter. Als KLAUS starb, gingen das Talent und die Integrationsfigur, der Kitt, der alles halten konnte. Der Unfalltod von HEINZ PRÜFER war ein Schock. KUNO’s Ohren streiken. Nach CÄSAR’s Tod blieben nur noch Leere und Fassungslosigkeit, einfach nur Trauer – Pardon, Scheiße!

Inzwischen weiß ich, daß die Rolling Stones ohne Jagger nur noch ein paar Steinchen wären und Led Zeppelin ohne Plant nur ein lahmer Doppeldecker. Die berühmte aufmüpfige Combo aus Leipzig ohne den Geist von Jenni, Pjotr, Kuno & Cäsar ist eben nur noch Renft. Manchen mag das genügen.

Mir ganz persönlich fehlen die Wärme, die Unverwechselbarkeit, die Vielfalt und der stürmisch rotzige Biss, es noch mal wissen zu wollen, hier und heute und wenn’s sein muss, auch gleich. Volles Risiko. Mir fehlt der Beweis von Spitzfindigkeit und Hintersinn sowie die grinsende Gelassenheit, die sich erst ab einer gewissen Reife einstellt, so wie beim alten Wein. Mir fehlt die rustikale Wucht eines neuen, einfachen deutschen Rocksongs, das Urbane und die Wut, noch einmal die Zunge ganz weit rausstrecken zu wollen. Plötzlich fehlt mir irgend etwas und ich habe lernen müssen, es so zu nehmen und zu akzeptieren, wie es ist, nicht wiederholbar.

Allein die Musik bleibt davon unberührt. Sie wird noch klingen, wenn dereinst die Sänger und Zuhörer schon lange in die Zeit gegangen sein werden. Dann werde ich ebenfalls dorthin gegangen sein, zu Lennon, zu meinem Vater, zu Jenni, Pjotr, und CÄSAR und ich werde wissen, mein Sohn und meine Tochter sind noch hier. Mit ein wenig Glück werde ich wissen, dass sie beide und andere den Traum ihres Vaters und ihrer Mutter und vieler anderer weiter träumen werden, den Traum von einem anderen Land in einer besseren Zeit. In einer nicht so fernen Zukunft wird sich dann eine der Platten aus vergangen Zeiten drehen und leise werden meine Kinder, und vielleicht auch die Enkel, das „Lied der Rose“ und „Besinnung“ mitsummen und endlich wissen, Mensch ehrt den Menschen und nicht den schnöden Mammon sowie den Profit daraus. Was für ein wunderbare Vorstellung und welch schöner Traum!

Hartmut Helms, Im November 2009

Impressionen, Autogramme ...

Renft live in Biesdorf

Komplett signierte Autogrammkarte der Klaus Renft Combo



Autogrammkarte mit gedruckten A.

Signierte Autobiographie von Renft

Die Rückseite einer Werbe-Karte zur Einweihung der RENFTSTRASSE in Leipzig am 9. Oktober 2007.
Ich habe mir diese Rückseite von den Bandmitgliedern signieren lassen.