Einen Nachruf schreiben kann ich nicht!



Helden gab es viele in meiner Jugend. Zurückblickend sehe ich, daß neben aufrechten Menschen (Mandela), ehrlichen Sportlern (Täve), lebenden Legenden (Pete Seeger) und schönen Frauen (Marina Vladi) auffallend viele Rock-Gitarristen darunter sind. Allen voran Jimi Hendrix, aber auch Pete Townshend, Ritchie Blackmore und – CÄSAR Peter Gläser.

Ich bewundere und verehre sie alle. CÄSAR war mir nahe, ihn habe ich geliebt und ich durfte ihm letztlich auch nah sein, ohne daß es ihm vielleicht je bewußt war.

Die Luft im Gesellschaftshaus „Hoppenz“ in Elsterwerda war immer stickig und der Blick zur Bühne vom Zigarettenrauch vernebelt. Oben auf der Galerie, nahe der Bühne, da war mein Platz. Dort konnte ich Theo Schumann auf die Finger sehen, Hansi Biebl bei „Everybody Needs Somebody To Love“ beobachten, Uve Schikora bewundern und zusehen, wie Martin Schreier hinter der Schießbude sitzend „Hey Joe“ sang.

Die Klaus Renft Combo spielte öfter mal dort. Deshalb habe ich es auch oft erlebt, wenn CÄSAR nach der Pause allein auf die Bühne kam, sich die Gitarre um den Hals, also wirklich nur um den Hals, hing und dann „Lady Jane“ ganz allein spielte und sang. Ob der jemals registriert hat, daß es Leute gab, die nur seine Fingers sahen und die Griffe stibitzten? Ich hätte ihn fragen sollen!

CÄSAR hat, ebenso wie die anderen genannten, mein Leben verändert. Nicht von jetzt auf gleich, aber jeden Tag ein Stück. Auch mit den Renft’schen Texten erwachte mein Nachdenken „unterm Apfelbaum“ und eine späte Widerborstigkeit „Zwischen Liebe und Zorn“ begann sich zu regen.
Mit dem Lied vom „Otto“ und der Frage nach dem „Entweder oder“ wurde ich erwachsen denkend und die Quittungen dafür im eigenen Leben habe ich auch bekommen. Dennoch ist es bis heute so, dass mich Musik Gefühle hörbar erleben und spüren läßt und das Nachdenken erst dann einsetzt, wenn die Töne tief im Innern den Bauch treffen. CÄSAR traf immer, auch und erst recht mit Perlen wie „Sehnsucht“ und „Freundin aus Schönefeld“. Der Typ wußte, wovon er sang - der Troubadour und Rocker in einem.

Wenn die Renft-Combo spielte, war ich bei „Hoppenz“ und einmal sogar sonntags vormittags mit meinem Vater. Der sang sogar den „Banana Boat Song“ mit. Ich hab’s Jahre später mit meinem Sohn ähnlich gemacht, als wir gemeinsam die Konzerte von Joe Cocker und Status Quo in Dresden besuchten.

Dies und noch viel mehr ging mir nach dem Konzert für Klaus „Jennie“ Renft durch den Kopf, bei seinem Wunsch, wir mögen doch bitte auf seinem Grab tanzen. Dieser Abend war, als wäre ich mir meiner eigenen Vergänglichkeit bewußt geworden. Nach vielen Jahren erlebte ich im „Anker“ einen wie entfesselt spielenden und singenden CÄSAR, der mich auf meinen Gedanken zurück in meine Jugend begleitete und mich nach Mitternacht auch wieder in die Gegenwart holte. Damals war mir wie endlich angekommen, traurig aber glücklich zugleich.

In den Monaten danach erfuhr ich die Besonderheit und Schönheit CÄSAR’s Musik noch einmal und neu. Es war der Traum unter’m „Apfelbaum“, der ankommende „Wandersmann“ und die „Rose“, die mir neu erblühte. „Kain ist Tod“ und der „Bauch des Riesen“ machten mich nachdenklicher, ebenso wie „Halleluja“ oder „Bin nur Papier“.
Nie werde ich jenen Premieren-Abend im Leipziger „Anker“ vergessen, wie sich der Sänger, Liederschreiber und Gitarrist in Worten noch einmal durch sein Leben sprach und sang. Alle spürten wir diesen Drang, sich mitzuteilen und bemerkten auch die Qual, bereits ausgesprochene Themen noch einmal benennen zu müssen. In jenen Momenten litt ich mit ihm. Aber auch und gerade deshalb kam mir in diesen Stunden der liebenswerte Mensch CÄSAR noch näher, weil er, ohne es zu wissen, auch aus meinem Leben plauderte, hatten wir doch vergleichbare Biografien. Hey Alter, hast mich gut gekannt!

Das alles hätte ich ihm gern noch sagen wollen!

Diese Gitarre wollte ich wieder den Blues schreien hören und dieses still lächelnde Gesicht eines Mannes sehen, der sich über ein Winken aus dem Publikum freuen konnte.
Bei seinem und meinem 60. nächstes Jahr, so hatte ich mit einem Freund versprochen, singen wir gemeinsam den „Apfeltraum“, wenn es sein darf auch in Dur, denn Moll hätte zu einem besiegten Krebs nicht gepasst - Scheiße!

Als ich meine rote Rose auf seinen weißen Sarg warf, hab’ ich mich auch von einem Teil meiner selbst verabschieden müssen. Verdammt, das war ein bitterer Kelch!

Sollte ich mir mit 70 noch Platten und CD’s auflegen, wird „Zeitlos“ dabei sein. Nicht nur dieses unter die Haut gehenden Yardbirds-Covers wegen, sondern weil das Hörgefühl der ganzen Scheibe so innig und nachhaltig die Sinne zu berühren vermag, zeitlos eben.
Auch in 10 Jahren möchte ich sicher diesem „Gelben Mond“ und der „Sehnsucht“ nachsinnen, möchte diese beruhigende Stimme im Raum spüren und diese eine Gitarre, die ich so sehr mag. Mit ein wenig Glück wird dann ein Enkel auf meinem Schoß sitzen und mit zitternder Stimme werde ich von CÄSAR erzählen, der so war, wie ich mir Mühe gab zu sein – ehrlich, bescheiden, lebensfroh aber nicht perfekt.

DANKE CÄSAR.